Category Archives: Allgemein
Lesung mit Franco Biondi
Sonntag, 23. Oktober 2022 | 17 Uhr
Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße 25-27, Mannheim
Moderation: Gisela Kerntke
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» Mamo zielte auf die Straßenlaterne und presste den Zeigefinger auf den Abzug. Der Mechanismus setzte sich kaum hörbar in Bewegung. Doch bevor es knallen konnte, ließ er den Finger los und der Abzug schnellte in seine Ausgangsposition zurück. Dann nahm er das Auge vom Visier, in dessen Zentrum das glitzernde Licht der Laterne gestanden hatte, und lächelte …
… Seit seine Eltern und Geschwister nicht mehr im Lande bleiben konnten, hatte er angefangen, was ihn umgab, mit anderen Augen zu sehen, wie durch ein Vergrößerungsglas. Mittlerweile kamen die Nachbarn und die Bekannten ihm scheinheilig vor. Verlogen. Das, was sie sagten, stand im Widerspruch zu dem, was sie taten, zu ihrer Haltung. Das ging ihm unter die Haut … «
(Aus: Abschied der zerschellten Jahre © Überarbeitete Neuausgabe: Thelem-Verlag 2021)
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Mehr Infos über Franco Biondi: hier
Symposium III: FREI-RÄUME mit Tanja Maljartschuk und Irena Brezná
Lesung mit Khuê Pham muss leider abgesagt werden!
Sonntag, 12. März 2023 | 17 Uhr
DIE LESUNG MUSS WEGEN KRANKHEIT ABGESAGT WERDEN!
Wir informieren über einen Nachholtermin!
Hausboot im Kulturzentrum dasHaus, Bahnhofstraße 30, Ludwigshafen
Moderation: Viktoria Ong
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» Ich muss diese Geschichte mit einem Geständnis beginnen: ich kann meinen eigenen Namen nicht aussprechen. Solange ich mich erinnere, war es mir unangenehm, mich anderen Menschen vorzustellen. Waren sie Deutsche, konnten sie die melodischen Laute nicht verstehen. Waren sie Vietnamesen, hatten sie Problem mit meinem harten Akzent. Die Deutschen umgingen das Problem, indem sie mich gar nicht ansprachen. Die Vietnamesen fragten: ‚Wie schreibt man das?‘ Einer sagte: ‚Bist du dir sicher?‘ Ich erinnere mich an meine kindlichen Versuche, mit meinem Problem umzugehen. Gingen wir zu Karstadt, fuhr ich in die Spielzeugabteilung und suchte unter den bedruckten Bleistiften nach meinem Namen. Gingen wir zum Baumarkt, setzte ich meine Hoffnungen auf die bunten, langen Schlüsselanhänger. Wenn ich meinen Namen nur finden würde, dachte ich, wäre das der Beweis, dass alles richtig war mit mir. «
(Aus: Wo auch immer ihr seid © btb HC 2023)
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Mehr Infos über Khuê Pham: hier
coming soon
Shida Bazyar
Sonntag, 27. März 2022, 17 Uhr
Hausboot im Kulturzentrum dasHaus, Bahnhofstraße 30, Ludwigshafen
Moderation: Anna-Katharina Gisbertz
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» Bei Leuten wie euch ist man sich ja nie ganz sicher, welche Absurditäten ihr für wahr haltet und welche nicht, ob und was ihr uns glaubt und was ihr Leuten wie Saya zutraut und was nicht. Habt ihr gedacht, Saya hätte das Haus in Brand gesetzt? Seid ihr entsetzt, dass ich euch das unterstelle? Das tut mir leid. Aber man kann euch nun mal nur halb vertrauen; eigentlich will man es und tut es meistens auch. Aber dann weiß man trotzdem nicht, ob ihr von den Morden an nicht-weißen Personen eigentlich schon gehört habt, die uns nächtelang wachhielten und unsere Läden schließen ließen. «
(Aus: Drei Kameradinnen © Verlag Kiepenheuer & Witsch 2021)
Sharon Dodua Otoo
Adas Raum
Sonntag, 13. Februar 2022, 17 Uhr
Anmeldung für den kostenlosen Livestream über: gisela.kerntke@freenet.de
LIVE im Internet! Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße 25-27, Mannheim
Moderation: Eleonore Hefner
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» … als ich gemerkt hatte, dass der Streifen unter meinem Bauchnabel wieder anfing, nachzudunkeln, liess ich nichts unversucht.
Zunächst betete ich zu Jehova, Gott der Weißen, denn mir wurde erzählt, er sei eifersüchtig, und ich dachte, er würde es mir bestimmt hoch anrechnen, dass ich mich mit meinem Anliegen zuerst an ihn wendete. So hatte ich meine Augen geschlossen, meine Hände ineinandergefaltet und meine Lippen eifrig bewegt.
Noch auf den Knien kam mir der Gedanke, dass es vorteilhaft wäre, gleich als Nächstes der Küstengottheit Ataa Naa Nyanimi zu huldigen, da die Kombination des männlichen „Ataa“ und des weiblichen „Naa“ sicherlich noch mächtiger wäre als die Einseitigkeit Jehovas. «
(Aus: Adas Raum © S. Fischer-Verlag 2021)
Olivia Wenzel
Sonntag, 16. Januar 2022, 17 Uhr
Stadtbücherei Frankenthal, Welschgasse 11, Frankenthal
Moderation: Nina Aleric
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» Für mich ist es wahrscheinlicher, beim Spazierengehen an Brandenburger Seen von drei Nazis krankenhausreif geprügelt zu werden, als mitten in New York oder Berlin, irgendwo in der U-Bahn oder einem gemächlich kreisenden Restaurant, Opfer eines islamistischen Anschlags zu werden.
ODER ZUR TÄTERIN.
HAST DU ÖFTER SOLCHE FANTASIEN?
Ja.
WAS TUST DU DAGEGEN?
Wieso sollte ich etwas dagegen tun?
TREIBST DU SPORT? FÄHRST DU MANCHMAL RAUS IN DIE NATUR, GEHST DU KLETTERN ODER JOGGEN?
In Brandenburg?
WURDEST DU ÜBERHAUPT SCHON MAL VON DREI NAZIS >KRANKENHAUSREIF< GEPRÜGELT?
Mit 17 habe ich mir ständig gewünscht, dass es endlich passiert. Die Angst vor manchen Realitäten kann schlimmer sein als diese Realitäten selbst. «
(Aus: 1000 Serpentinen Angst © S. Fischer Verlag 2020)
Lena Gorelik
Sonntag, 28. November 2021, 17 Uhr
Online, Eintritt frei unter folgendem Zoom-Link: https://us02web.zoom.us/j/87825337787?pwd=ZHdhSjVHL0ZQRjZRM0JLL2VBZzVVQT09
Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße 25-27, Mannheim
Moderation: Daniel Rübel
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» я heißt: ich. Ausgesprochen: ja.
Ich heißt auf Russisch я, ein Buchstabe nur. Der letzte im Alphabet. So wurden wir auch groß und erzogen:
„я последняябуква в алфавите“
„Ich ist der letzte Buchstabe im Alphabet.“
Das hat dann jedes
ich will
ich mag
ich muss
ichichich
mit der Faust erschlagen. Die Ordnung der Buchstaben, die uns Kindern den Egoismus austrieb, in aller Seelenruhe.
Ich erinnere mich, meistens leise.
„Ich will aber …“
„Ich ist der letzte Buchstabe im Alphabet.“
Ich will aber: diese Geschichte erzählen. Ich wünsche, dass diese Geschichte mir gehört. «
(Aus: Wer wir sind © Rowohlt Berlin Verlag, 2021)
Dmitrij Kapitelman
Sonntag, 21. November 2021, 17 Uhr
Hausboot im Kulturzentrum dasHaus, Bahnhofstraße 30, Ludwigshafen
Moderation: Viktoria Ong
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» Früher tönte ich, mein Gesicht niemals unter einem Bundesadler sehen zu wollen. Und behauptete, es sei wegen der Shoa und der blutrünstigen Neonazis, die uns durch Leipziger Plattenbausiedlungen gejagt haben. Wegen der Zigaretten, die sie lachend an uns ausdrückten, den Kampfhunden, die sie auf uns hetzten, den Pistolen, die sie uns beim Eisessen am Kulkwitzer See an den Kopf hielten. Und den deutschen Polizisten, die nie etwas gegen die deutschen Nazis taten. Aber das war glatt gelogen. Ich war einfach zu faul für den ganzen Papierkram bei der Ausländerbehörde. Dem Dummdödel von damals war schlicht nicht klar, wie krass ein deutscher Ausweis privilegiert, wie sehr er das Leben erleichtert. «
(Aus: Eine Formalie in Kiew © Hanser Verlag 2021)