Natascha Wodin

Sonntag, 19. Januar 2020, 17 Uhr

Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße 25-27, 68159 Mannheim

Moderation: PD Dr. Anna-Katharina Gisbertz

» Seit meinem letzten Besuch war eine lange Zeit vergangen. Ich fragte mich, ob die „Häuser“ noch standen, in denen wir gewohnt hatten, die primitiven, für ehemalige Zwangsarbeiter er bauten Nachkriegsblocks, die außerhalb der ländlichen Kleinstadt lagen, an der Regnitz, die schon in den sechziger Jahren zu einem Teil des Rhein-Main-Donau-Kanals geworden war. Im Vorbeifahren konnte ich sie nicht sofort entdecken, erst auf den zweiten Blick begriff ich, was sich verändert hatte: Die Blocks waren verschwunden, jedenfalls deckte sich, was ich jetzt sah, nicht mit meiner Erinnerung. Mich blickten ganz neue, pastellfarbene Fassaden mit modernen Kunststofffenstern an, hinter denen Wohnungen mit Zentralheizung und Warmwasser zu vermuten waren. Man hatte die Blocks nicht abgerissen, ganz im Gegenteil, man hatte sie saniert. Es erschien mir unwirklich, aber nun gehörten sie zur Stadt, waren eingebettet in ein belebtes Neubaugebiet. «

(Aus: Irgendwo in diesem Dunkel © Rowohlt-Verlag 2018)